KEV und Preussen


Preußen Krefeld – Freund oder Feind ?!
 
Die großen Kontrahenten von einst sind Freunde geworden.
So stand es nach einem Nostalgiespiel in der Saison 1966/67 in der Zeitung.
 

Doch, ist dem so ? Was hat es auf sich mit den Preussen und dem KEV ?
Es kann nur einen geben … welchen Verein hat man im Herzen ?!
Woher kommt die Rivalität und gibt es sie noch ?! Dem wollte ich ein wenig nachgehen.

Schon vor Jahren habe ich damit angefangen, habe mich immer mal wieder mit Spielern und Fans unterhalten. Weit bin ich oft nicht gekommen, meist wurde schon recht früh abgeblockt. Man unterhält sich nicht gerne über das Thema. Interessanterweise bekam ich dann aber oft im weiteren Gespräch einen Eindruck von der Chemie zwischen den beiden Vereinen.

Ich möchte hier von meinen Eindrücken berichten, Dingen, die ich herausgehört habe, wie ich meine Gespräche empfunden habe. Sie sind nicht vollständig, umfassen bestimmt nicht alle Aspekte und vielleicht liege ich auch total falsch.

Die Rivalität sitzt tief, vor allem bei den Preussen. Auch heute noch.
Fragt man KEVler, so wird sich eher neutral gehalten. Dazu fiel mir damals der Satz ein: Geschichte wird von Siegern geschrieben. Warum etwas aufrühren, das vorbei ist und „gut“ ausgegangen ist. Es war bestimmt nicht alles schön - aber vorbei. Wir sind ja noch hier.
Fragt man Preussen, so sieht es anders aus. Von Verbitterung ( und Tränen in den Augen ), leichte Veräppelung ( KÜV – Krefelder Übungsverein ), Abblocken ( frag doch lieber den und den ) und dem gefühlten Aufblitzen alter und unschöner Erinnerungen ist alles dabei. Und bei einem bleibt es irgendwie immer: Nicht unbedingt positive Gefühle, wenn es um den KEV geht. ;o)
Nur einmal habe ich es erlebt, das offen gesagt wurde: Wir Preussen haben es verbockt.

Lokalität schafft Rivalität ...
Auf diese einfache Formel lässt es sich wohl zusammenfassen. Auch wenn es gut gedacht ist und man voneinander profitieren kann, so schlagen Dinge manchmal um und verändern sich. Und dann ist es oft einfach Kommissar Zufall, auf welcher Seite man landet und sich nicht vorstellen kann, Fan des anderes zu sein. Ob Spieler oder Fan.

Konkurrenz belebt das Geschäft und macht die Halle voll … der Anfang
Willi Münstermann war ein Geschäftsmann mit vielen und vor allem innovativen Ideen. Er baute nicht nur eine Halle, er brachte auch Eishockey nach Krefeld und begeisterte die Zuschauer. Doch auch wenn die Bedingungen günstig sind ( Kühlhäuser ), so ist der Unterhalt teuer.
Die Idee, einen zweiten Eishockeyverein in Krefeld zu etablieren. Laut Oberliga Regularien darf ein Verein nur eine Mannschaft in der obersten Spielklasse stellen.
Münstermann begründete im Jahre 1947 die Eishockeyabteilung des VfL Preussen Krefeld 1895 mit. Auf den Hinweis von Josef Koerver, dass er von Eishockey keine Ahnung habe, versprach Münstermann Hilfe. Doch bei diesem Geniestreich alleine blieb es nicht. Er wagtr ein einzigartiges und bisher nie da gewesenes Experiment. Die komplette erste Senioren-Mannschaft des KEV ( zum größten Teil Kriegsheimkehrer ) wird 1948 den Preussen übergeben und die KEV-Jugend wird zur ersten Mannschaft. Gelegentlich verstärken die Preussen-Spieler die Jugend-Mannschaft des KEV in der Saison 1948/49 noch.
Mit dem Stolz der letzten beiden Saisons ( Deutscher Jugendmeister 1947/48 und 1948/49 ) im Rücken, erkämpfte sich der KEV einen Oberliga-Startplatz für die Saison 1949/50.
Sollte die Jugend zu Anfang von den alten Recken in erster Linie lernen, so stand nun packenden Lokalderbys nichts mehr im Wege.

Gemeinsam an einem Strang ziehen sieht anders aus …
1949 fusionierte der VFL Preussen Krefeld 1895 mit dem Krefelder Turnverein 1855 zum KTSV Preussen 1855 Krefeld und mit Willi Overath änderten sich die Rahmenbedingungen. Willi Münstermann trat bei den Preussen aus, man ging getrennte Wege. Die Probleme erreichten auf dem Weg zur WM 1955 ihren Höhepunkt. Auf Anregung der Preussen gab es einen Passus der explizit Stadionbesitzer von der Organisation ausschließt. Ein Schlag ins Gesicht für den Stadionbesitzer Münstermann, der es erst möglich machte, dass die WM in Krefeld stattfinden konnte.

Jung gegen Alt
Für die Preussen lief es gut. Meister in der Saison 1950/51 und Favorit in der Saison 1951/52, doch dann schaffte es der SC Riessersee in einem Spiel die Preussen so auszuknocken, das sie für den Rest der Saison keine spielfähige Mannschaft mehr stellen konnten ( siehe Meilensteine – Meister 1952 ).
Der KEV schaffte es spielerisch und fair sich schlussendlich ausgerechnet gegen den SC Riessersee durchzusetzen und Meister zu werden. Die Jungen hatten es geschafft und es den Platzhirschen gezeigt.

Eine meiner naiven Ideen war, dass es doch eine tolle Sache war, dass ausgerechnet der KEV, die Preussen rächte und die Meisterschaft in Krefeld blieb.
Doch die Dynamik der Rivalität ist eine andere und die Rivalität zu diesem Zeitpunkt schon zu hoch. Der Feind meines Feindes ist mein Freund und so hätte man sich vermutlich eher mit Riessersee gefreut.

Der „Klassenunterschied“ …
Der KEV, die „Studierten“, Unternehmerkinder aus „besserem Hause“, die „Reichen“.
Die KEV Jugendmeister von 1948 und 1949 und späterer Meister von 1952 kannten sich schon lange, gingen gemeinsam zum Gymnasium ( Fichte ) und waren schon vor dem Krieg gemeinsam in der damaligen vorherrschenden Jugendvereinigung ( Gruppenleiter und Nachwuchs-Trainer vom KEV war Jack Ferlings ) und hatten oft den Vorteil der Familie Münstermann, z.B. zwischendurch auf die Eisfläche zu können.
Die Preussen hingegen waren die „Arbeiterkinder“, die Underdogs, die Kämpfer.
Bei den Preussen kamen die Spieler „von überall her“, der Zufall spielte eine Rolle. Viele kamen vom Rollhockey zum Eishockey. Legendär ist die Geschichte von Walter Kremershof, der vom Weiher weg von Frank Schwinghammer zum Eishockey geholt wurde und auch exzellent Rollhockey spielte.
Ausrüstung war schwer zu bekommen und teuer. Man klaubte sie sich z.B. von den Senioren zusammen. Man war kreativ und bastelte sich selber etwas.

Die „zweite Reihe“ will auch …
Der KEV Nachwuchs, der zur ersten Mannschaft wurde, war ein eingespieltes Team und wie oben geschrieben, lange zusammen. Da war kein Platz für neue … kein Reinkommen. Es war klar, dass sich alles beim KEV auf diese Mannschaft konzentrieren sollte. Doch auch andere Jugendliche wollten Spielen. Die erste Preussen Mannschaft bestand aus gestandenen KEV Spielern. Und hier gab es den Platz und die Möglichkeit, Nachwuchs aufzubauen und auszubilden. Hier fing man neu an und es gab die Chance, sich hochzuarbeiten, einen Platz zu ergattern. Seinen Vorbildern nachzueifern. Mit Ihnen zu spielen. Und man wollte doch schließlich auch etwas erreichen …

Connections sind alles …
Natürlich versucht man alle Kinder ( in dem Fall Mieter ) gleich zu behandeln. Doch oft gelingt das nicht und einer hat das Nachsehen. Und dass sich die Wege von Willi Münstermann und den Preussen getrennt hatten, machte die Sache nicht einfacher. Beide Vereine benötigten Eiszeiten, zum Training und zu den Spielen. Den Preussen fiel es zunehmend schwerer diese zu bekommen und die Konditionen auszuhandeln. In der Saison 1952/53 zum Beispiel wichen die Preussen nach Köln ( und auch Düsseldorf ) aus. Der KEV hatte es da deutlich leichter.

Auszug aus den Lausbubengeschichten der Preussen:
... noch Jahre später nach dem Gewinn der Meisterschaft musste Heinz Wackers weinen, wenn er daran dachte, dass Willi Münstermann das Licht der Rheinlandhalle ausmachte, als die Meisterschaft auf dem Eis gefeiert wurde.

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der beliebteste Verein im ganzen Land …
Na, wenn das kein Thema ist, was aufstachelt. Alten Zeitungen zufolge, waren die Preussen zwischenzeitlich sehr beliebt in Eishockey-Deutschland. Beliebter wie der KEV.
Die Fans waren eher gefürchtet – auf beiden Seiten.

Doch was hat es dann mit dem Satz, der zweifellos ernst gemeint ist, wie oben geschrieben aus der Zeitung auf sich ?! Waren die Spieler befreundet ? Respektierte man sich ?
Fakt ist, man trat gemeinsam an. Ob als Stadtauswahl Krefeld oder NRW-Auswahl.
Drei Preussen-Spieler waren bei der damaligen viel beachteten Moskau Reise dabei.
Es funktionierte, gemeinsam.

Vielleicht muß man hier den Blickwinkel ändern, vom Großen ( wie oben ) ins Kleine ( die Spieler, der Mensch ).
Eventuell kennt man es von einem selber, man ist befreundet, aber wenn es um den Verein geht, rückt keiner einen Millimeter ab. Und so wird es hier vermutlich auch gewesen sein. Keine Frage, zu welchem Verein man gehört. Doch es ist ja auch der Beruf und man ist professionell.
Und wie überall gibt es Menschen, mit denen versteht man sich gut, oder eher nicht. Und das auch auf der anderen Seite. Und so wird gefrotzelt und im direkten Spiel gegeneinander geht man auch nicht zimperlich miteinander um. Doch nachher und vielleicht auch viele Jahre später, sieht man sich gerne wieder.

Der Schlusspunkt …

Anfang der Siebziger Jahre sieht es schlecht für das Krefelder Eishockey aus. Ein Verein muss geopfert werden und es trifft den mit den größeren Schulden - die Preussen. Alle Rettungsversuche schlagen fehl, einen gemeinsamen Verein wird es nicht geben und schlussendlich wird eine Vereinbarung getroffen. Trotz fester Absprachen besteht weiterhin Ärger zwischen beiden Vereinen und es dauert sehr lange, bis einigermaßen Ruhe einkehrt ( siehe auch Geschichte - KEV/die Pinguine ).

Wer was getan hat und wie genau was gewesen ist, ist bei aller Recherche ( ob in Gesprächen oder alten Unterlagen ) schwer herauszubekommen. Zum einen ist es die persönliche Erinnerung, zum anderen wurde nicht alles publiziert ( obwohl viel in den Zeitungen ausgetragen wurde ) … man kann nur einen ungefähren Eindruck bekommen.

 
Letzte Aktualisierung / Stand Oktober 2022


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